„Lieber nicht.“
Das kleine Mädchen blickt kurz enttäuscht drein, ob der Ablehnung, gibt aber nicht auf. Während es auf und ab hüpft, sagt es zuckersüß:
„Bitte, bitte, bitte.“
Ihre Worte fallen dabei im Takt mit dem Pochenden ihrer Schuhe auf den hölzernen Steg.
„Nein“, Phitz klingt nicht überzeugt, es nicht zu tun, „dein Vater hat seine Augen überall und beim letzten Mal hat er schon ordentlich gemeckert.“
Lucia sieht sich verstohlen um, bevor sie antwortet:
„Papa hat auch nur zwei Augen. Und da er mit seinem Kopf gerade nicht zu sehen ist, kann er UNS auch nicht sehen.“
Freudig fügt sie noch eine Frage an, die eher wie eine Aussage klingt:
„Nur kurz, ja?“
Nun sieht sich ebenfalls der junge Mann verstohlen um, nimmt das vor Erwartung zappelnde Mädchen an der Hüfte, konzentriert sich, reißt die Arme hoch und wirft es geradewegs über das Ende des Steges hinaus. Ein enthusiastisches „Uiiii“ dringt aus ihrer Kehle, als Lucia auf das trübe Wasser des Sumpfes zu saust. Kurz bevor sie eintaucht, wird sie ruckartig schneller und vollführt zudem mitten im Flug eine Richtungsänderung. Mit hohem Tempo und ausgestreckten Armen genießt sie einige Momente den Wind der ihr entgegenschlägt, während sie über dem Wasser dahin rast und ab und an einzelne Insekten verschluckt. Meist bleibt sie dabei in der Nähe des Stegs, vollführt kurvige Achten, schaukelt auf langen Geraden hin und her und schließt mit einem Looping ab.
Als sie wieder sanft auf dem Holz vor Phitz landet, schnauft dieser und sieht sich mit einer einfachen Forderung konfrontiert.
„Nochmal!“ schreit Lucia und wiederholt dies so oft, dass ihrem Gegenüber der Kopf dröhnt.
„Heute nicht mehr. Morgen wieder. Vielleicht“, bringt Phitz zwischen den einzelnen Nochmals beschwichtigend hervor. Gleich darauf rennt Lucia mit ausgestreckten Armen den Steg entlang, den Häusern des Dorfes entgegen und ruft dabei:
„Dann bis morgen. Uiiiiiii.“
„Gern geschehen“, spricht Phitz mit einer hochgezogenen Augenbraue und einem breiten Lächeln in die Leere, die das Mädchen hinterlassen hat.
Ohne weitere Ablenkung wendet sich der junge Mann wieder seiner eigentlichen Aufgabe zu. Sie besteht darin die Pfeiler für den Steg von dem Kahn neben ihm in den sumpfigen Boden zu treiben. Danach sollen die Bretter, die sich fein säuberlich gestapelt ebenfalls auf dem Kahn befinden, als Gehweg auf den Holzstützen festgenagelt werden. Bevor der junge Mann mit den groben Lederstiefeln, der Leinenhose und dem bis zu den Ellenbogen hochgekrempelten Leinenhemd in das Sumpfdorf kam, waren mehrere Personen nötig, um neue Wege anzulegen. Phitz allerdings brauchte keine Hilfe und nutzt diese Aufgabe als Teil seiner täglichen Übungen. Mit ausgestreckten Armen steht er hierzu auf dem Steg und misst im Geiste den zurecht gesägten Baumstamm ab. Mit verbissenem Gesichtsausdruck unter kurzen blonden Haaren hebt er seine Arme und der Pfeiler folgt ihnen durch die Luft. Stimmt das Bild im Kopf mit den Maßen des Zielobjektes überein, dann wird die Vorstellung seiner Bewegung zur Wirklichkeit. Mit einem Ruck seiner Arme verschwindet der Stamm platschend im Wasser und ragt nur noch eine Hand breit über das Wasser hinaus.
Phitz' Begabung für die Telekinese brachte ihm einiges Ansehen an der Akademie für grundlegende Zauberwirkung ein, jedoch kollidierte die Tatsache, dass er seine Talente auch anwenden wollte, heftig mit dem trockenen Wesen des Unterrichts. Also türmte er mit einem Karren voller Bücher über Magie, die in unzähliger Ausfertigung in der Bibliothek verstaubten und kam in den Sumpf, um sich vorerst zurückzuziehen und den nächsten Schritt zu planen. Dies ist sieben Monate her. Seitdem rammt er Stelzen durch das trübe Wasser in den Moorboden, baut Wege oder Hütten darauf und lässt dann und wann Kinder übers Sumpfwasser sausen. Letzteres führte schon zu einigen unfreiwilligen Schwimmstunden und zu Standpauken der jeweils zu den getauchten Kindern gehörigen Eltern. Wenn er daneben die Zeit findet, übt er sich dazu noch in den Künsten der Magie.
Nachdem er einen weiteren Pfeiler versenkt, Bretter darauf gelegt und mit Hilfe seiner Magie festgenagelt hat, entscheidet Phitz, dass seine Arbeit hier vorerst ausreichen muss. Das Licht der Sonne ist zwar noch stark und bricht gelegentlich durch die Kronen der alten, knorrigen Sumpfbäume, doch ein Kind fliegen zu lassen laugt aus. Also macht er sich auf den Weg zu seiner Hütte. Auf einem kreisförmigen Platz zwischen mehreren auf Stelzen gebauten Häusern, schreckt ihn eine dumpfe Stimme auf.
„Phitz. Kommst du bitte mal her zu mir?“
„Oh ha“, entfährt es dem Benannten und er blickt zu Bron herüber, der gerade über einen anderen Weg den Kreis betritt.
„Worum geht’s?“, bringt Phitz lauernd heraus, während er sich zu dem untersetzten Mann mittleren Alters begibt.
„Ich würde dich bitten, dass du dir was ansiehst. Die Dorfbewohner schwafeln nämlich schon wieder dümmlich über böse Omen und solchen Kram.“
Erleichtert atmet Phitz aus, da es nicht um die Flugstunden von Brons Tochter Lucia zu gehen scheint.
„Was ist es denn diesmal? Ist ein Schaf umgefallen und dabei mit dem Hinterteil auf einem Stein gelandet, der wie ein Drache aussieht? Oder hat eine Kuh einen Haufen gemacht, der einem Unglückskeks ähnelt?“
„Du redest ja wieder einen Unsinn. Was bitte ist denn ein Drache? Aber egal. Es wurden ein paar Feuer in der Nähe des Dorfes über dem Wasser gesehen und ich würde mich freuen, wenn du mir sagst, was es damit auf sich hat.“
Brons Worte, die einer Bitte entsprechen, sind weit davon entfernt wie eine zu klingen. Auch erkennt Phitz das Problem noch nicht, das der Grund für diesen Befehl sein soll.
„Also ich sag mal so: Das hier ist ein Sumpf und dass hier schon mal das Wasser brennt, wissen wir doch. Was soll ich da groß rausfinden?“
„Sieh es dir einfach an“, brummt Bron und macht auf dem Absatz kehrt, läuft einige Schritte und redet dann weiter, „übriges, wenn meiner Tochter durch deinen Unfug irgendwas passiert, dann ramm' ich DICH an Stelle der Pfeiler in das Fundament für das neue Rathaus. Ist das klar?“
Phitz schluckt.
„Klar wie Sonnenlicht“, und leiser zu sich selbst, „im Morgennebel“.
Er lächelt verschwörerisch, als Bron sich von dannen macht.
Wenig später steht Phitz am Ende des morschen Stegs in der Nähe seiner Hütte und blickt über einen kleinen Moorsee. Aus schmalen blaugrauen Augen versucht er, zwischen moosbewachsenen dicken Bäumen am gegenüberliegenden Ufer etwas zu erkennen.
„Wie war gleich noch der Spähzauber?“, murmelt er unsicher. „Bild der Landschaft einprägen. Gut. Hände vor die Augen und das Bild auf die Handinnenfläche projizieren. Den Körper loslassen.“
Die Trennung von Körper und Geist ist keine leichte Sache und sie scheitert oft, doch in diesem Fall ist die Motivation dahinter die Beschwichtigung eines alten Brummbären. Also sieht Phitz das andere Ufer glasklar vor sich. Unzählige Ranken, Sträucher, Bäume, huschende kleine Schatten und ein Teich hinter der Baumreihe zeigen sich ihm.
In dem Teich allerdings ist noch mehr zu erkennen. Eine Flamme brennt auf dem Wasser. Sie lodert in ihrem Zentrum in grellem Blau, wird aber zum Rand hin schwarz. Phitz' Konzentration strauchelt. Der unbekannte Anblick lässt das Bild verschwimmen, doch er fängt sich. Er betrachtet die seltsame Flamme näher und erkennt, dass sie kein Licht spendet, sondern Schatten zu werfen scheint. Es wirkt in ihrer Nähe so, als wäre die Dämmerung weit fortgeschritten. Aber eben nur im Umkreis der dunklen Flamme. Ein Rascheln erklingt und Gestrüpp neben dem Teich bewegt sich. Ein Sumpfotter erscheint. Das Nagetier schnüffelt neugierig und bewegt sich daraufhin zielstrebig zum dunklen Feuer. In seiner Nähe verharrt der Otter kurz und Phitz hält die Konzentration weiter auf die Szenerie gerichtet. Plötzlich springt die Flamme das Nagetier an, lässt es aufflammen, verschwindet wieder und der Otter hastet durch das Gestrüpp davon.
Phitz fällt mit einem Krachen auf den Steg, als sein Geist mit Schwung in den Körper zurückfährt. Seine linke Hand durchbricht das Holz und Splitter zerkratzen seinen Arm. Doch da er noch mit dem gerade Gesehenen beschäftigt ist, merkt er nichts davon.
„Was war das denn? Eine Flamme die Tiere anspringt und die Viecher dann noch nicht mal verbrennt?“
Mit tiefer Neugier darauf diese ungewöhnlichen Feuer untersuchen zu können, überlegt Phitz mit verschränkten Armen, wo er eine weitere dunkle Flamme finden kann. Als er sich umsieht, fällt ihm auf, dass sich neben seinem Steg, einige Schrittlängen von ihm entfernt, eine befindet.
„Die war da eben noch nicht“, entfährt es ihm mit skeptischer Miene. Doch freudig fügt er an:
„Ist aber praktisch. Damit erspart sich die Suche. Jetzt muss ich nur noch näher ran.“
Gesagt getan, kramt Phitz in seinem Kopf nach dem Wassergangzauber, den er letzte Woche geübt hat.
„Alles klar. Auf die Oberfläche des Wassers konzentrieren, genau da wo mein Fuß hin soll.“
Die Anspannung ist in seiner Stimme spürbar, als er den ersten Schritt auf das Wasser unternimmt. Damit beschäftigt, sich nicht zu sehr zu freuen, setzt er den zweiten Fuß auf die Wasseroberfläche. Er wankt und versucht das Gleichgewicht zu halten, macht dann noch einige weitere vorsichtige Schritte und steht eine Schrittlänge von der Flamme entfernt relativ sicher auf dem Moorsee. Phitz kann das dunkle Feuer nur beiläufig betrachten, weil er sonst nicht genug Konzentration hat, um nicht unter zu gehen. Als ihm klar wird, dass das so nichts werden kann, stampft er unzufrieden mit dem Fuß auf, durchbricht die Wasseroberfläche und verliert den Halt.
Klitschnass steht der junge Magier auf seinem Steg und zupft einige Blutegel von seiner Kleidung.
„Das war nichts. Es ist schon schwer genug, sich auf das Stehenbleiben zu konzentrieren, ohne sich zu sehr zu freuen. Und dann noch das Ding untersuchen...“, Phitz spricht seinen Satz nicht zu Ende, da er ja weiß, was er denkt. Ohnehin ist er der Meinung, dass er zu oft mit sich Selbst redet.
Die dunkle Flamme jedenfalls lodert weiter vor sich hin, wirft ihre Schatten über das Wasser und scheint geduldig zu warten. Worauf ist Phitz nicht klar. Aber das Bild des brennenden Otters lässt ihn nicht los und verursacht Gänsehaut, als er dazu anhebt, die Flamme mit Hilfe der Telekinese an sich heran zu ziehen. Sie direkt zu greifen ist nicht möglich, da sie ständig ihre Form verändert, doch das Wasser darunter lässt sich beeinflussen.
Mit einer Armbewegung die aussieht, als würde er in der Badewanne den Schaum zu sich heran ziehen, lotst er das Wasser samt der Flamme darüber zu sich hin. Eine Schrittlänge vor dem Steg lässt Phitz das Feuer verharren und kniet sich an den Rand des hölzernen Weges. Sofort spürt er die Magie, die sich roh und ungerichtet durch das grelle Blau bis in das äußere Schwarz der Flamme zieht. Tiefe Faszination geht von ihr aus und Phitz fühlt, dass noch mehr in dem Feuer liegt. Ohne sich dessen bewusst zu sein, aus dem Wunsch heraus noch mehr zu erfahren, bewegt er die Flamme langsam auf sich zu. Die Schatten streifen ihn schon, doch dann begreift er, was er da tut und schreckt zurück. Die Flamme aber hat ihr Ziel bereits gefunden. Ein markerschütternder Schrei verlässt Phitz' Kehle, als er in dunklem Feuer aufgeht.
Eine Ewigkeit verstreicht. Phitz spürt das Brennen des Feuers wie in weiter Ferne. Es ist weder heiß noch kalt, scheint sich nicht an seinem Fleisch zu nähren und auch sonst keinen Schaden anzurichten. Auch fühlt er die Bewegung seines Körpers, kann ihn aber weder kontrollieren oder seine Sinne benutzen. Allumfassende Dunkelheit umgibt ihn. Eine Dunkelheit die er nicht gewähren lassen will. Mit stummen Flüchen und körperlosen Schlägen deckt er sie ein und sucht nach Empfindungen seines Körpers. Er erhascht ein Gefühl von Feuchtigkeit und hält sich daran fest. Nach und nach befreit er sich, so als müsse er die Schwere des Schlafes einer zu kurzen Nacht abstreifen. Wenige Augenblicke voller Anstrengung vergehen, der Damm bricht und Sinneseindrücke überrollen Phitz' Verstand.
Er blickt auf sich hinab, wie er in hellem Schlamm kniet und die Hände darin vergräbt. Das Warum kennt er nicht. Als er den Kopf hebt, sieht er vor sich die Weite der Wüste und um sich herum alle möglichen Sumpftiere von Nagetieren über Schlangen bis hin zu den zahlreichen Vogelarten und auch Fledermäusen die im Sand am Rande ihrer Heimat schaben. Sumpfbäume stehen überall, die von Hitze und Trockenheit verdorrt sind. Ohne die Szenerie voll zu begreifen, steht Phitz schwankend auf und wendet sich in Richtung des Sumpfes. Er kennt diese Grenze zwischen Sumpf und Wüste aus früheren Erkundungen und findet leicht den Weg nach Haus. Torkelnd setzt er einen Fuß vor den Anderen hinein in den Schatten des Sumpfes und fort von dem stechenden Licht der Sonne.
Erst, da er den Fuß auf den Steg vor seiner Hütte setzt, wird ihm bewusst, dass er die ganze Zeit über das Wasser lief. Doch es kümmert ihn kaum, denn der Sog, der sein Bewusstsein fressen will, bleibt nicht aus. Mit einem Poltern fällt er durch die Tür seiner Hütte auf das Stroh seines Bettes. Eine Handbewegung schließt die Tür und drängt das Licht bis auf wenige Strahlen durch Bretterritzen zurück. Sein Heim ist ärmlich, aber er brauchte nie viel. Nur seine Magie, das Lachen, Leben und Leben-lassen. Der Karren mit den Büchern steht noch in einer Ecke und ein Tisch daneben mit fast abgebrannten Kerzen darauf.
Phitz' Körper liegt bäuchlings ruhig auf dem Bett und regt sich nicht. Bis Krämpfe ihn durchzucken und einzelne Hautstellen schwarzes Feuer fangen, das auch die letzten Lichter verschlucken will. Sein Geist bäumt sich auf und reißt den Körper in Mitleidenschaft. Erschöpfung und Schweiß zeichnen Phitz' Gesicht, der sich dreht und mit weit aufgerissenen Augen in die Dunkelheit starrt. Ein tiefer Atemzug folgt und diesem wiederum seidige Stille. Phitz' Kraft ist erloschen und der Kampf gegen das Feuer vorüber. Er setzt sich dennoch auf die Bettkante und blickt mit leeren Augen in die Schwärze. Obwohl er die Flamme nicht sehen kann, weiß er, dass sie nun vor ihm in seiner Hütte brennt. Ein Gefühl von Unverständnis geht von ihr aus, als wäre sie ein lebendiges Wesen.
„Warum machst du das?“, die Stimme des Magiers ist schwach.
Die Antwort kommt in Form von Bildern und zeigt den Grund für das Erscheinen der Feuer. Es ist die Wüste, die seit Äonen versucht, den Sumpf für sich einzunehmen und mit Trockenheit, Hitze und dem Fehlen von Leben zu überziehen. Weite Abschnitte fielen diesen Überfällen bereits zum Opfer und der Sumpf ist nur noch einen Bruchteil so groß wie zu Anbeginn. Die Bewohner des Sumpfes helfen seit jeher dabei die Wüste zurückzudrängen, so weit sie eben können. Das Feuer leitet sie dabei und gibt ihnen Kraft. Die Bilder in Phitz' Kopf zeigen den Sumpf und seine Grenzen hin zum Gebirge im Osten und Süden, zu den Feldern im Westen, wo die Menschen siedeln und der Wüste im Norden. Auch eine riesige dunkle Flamme offenbart sich vor seinem Geist. Sie befindet sich im Zentrum des Sumpfes. Sie ist die Quelle seines Wesens und seiner Kraft. Doch das Bild verschwindet wieder und ein Gefühl der Angst keimt auf. Phitz begreift schnell und erhebt sich, aber fällt wieder auf das Bett zurück. Weiterhin geht Unverständnis von der Flamme in der Hütte aus.
„Hör mal zu. Dies ist auch mein zu Hause geworden. Auch wenn ich schon längst wieder weg sein wollte. Mir ist klar, dass du mich nicht gegen meinen Willen beherrschen wolltest, aber mit dem Bewusstsein eines Menschen hattest du eben noch nie zu tun. Menschen sind komplizierter als Tiere. Zumindest glauben wir das. Lass mich dir helfen. Meine Magie kann nützlich sein.“
Phitz' Stimme ist klar und etwas erholt, aber weit davon entfernt bei voller Stärke zu sein. Ihm ist bewusst, dass er sich dem Feuer hingeben muss und kaum Zeit bleibt. Also springt er hinein in die Dunkelheit und unterdrückt einen Schrei, als er erneut in Flammen aufgeht.
Augenblicke später sitzt Phitz und lehnt an einem Baum an der Grenze zwischen Wüste und Sumpf. All die Tiere um ihn herum schauen neugierig, aber scheuen nicht vor ihm. Der Weg hierher war nicht sonderlich beschwerlich, denn nun da er mit dem dunklen Feuer Frieden geschlossen hat, stärkt es ihn und lässt ihn sich schnell regenerieren. Was auch nötig ist, denn der heiße Wind frischt auf und trägt Sand heran. Der nächste Ansturm der Wüste beginnt. Ein Sandsturm rollt an. Phitz steht auf und ist sich dessen bewusst, dass sein Geist nie so klar und seine Magie nie so stark war. Alles was er nun tun kann, um seine Heimat, all das Leben darin, mit den Tieren und Menschen zu schützen, würde er tun. So konzentriert er sich auf die Wasser des Sumpfes, die sich nahe der Wüste befinden und verdampft sie. Anstrengung zeichnet ihn, als Nebel aufsteigt und von ihm zu einer Barriere vor der Baumreihe geformt wird. Die anwesenden Tiere blicken zu der Wand und Phitz kann ihre Zuversicht durch das Feuer hindurch spüren. All der Sand fängt sich in der Barriere, wird zu Schlamm, fällt vor der Mauer herab und neue Feuchtigkeit dringt vom Sumpf her hinein. Der Damm wird immer größer, hält mehr und mehr Sand und Wind zurück. Doch der Zorn der Wüste wächst heran und auch dies spürt Phitz durch das Feuer. Ein gewaltiger Sandsturm bewegt sich auf ihn und seine Barriere zu. Ihm wird bewusst, dass sie diesen Sturm nicht aufhalten kann.
„Bitte vertrau mir dein ganzes Feuer an. Alles was in den Tieren hier existiert und dann lass sie fliehen. Ich weiß was ich tun muss.“
Der Sumpf stimmt ohne Zögern zu, da er Phitz' Aufrichtigkeit spüren kann. Die Feuer springen aus den Tieren auf den jungen Magier über und setzen ihn in Brand. Doch dieses Mal folgen weder Schmerzen noch Schreie, einzig die rohe Kraft des Sumpfes geht auf ihn über. Alle Tiere verschwinden nun zwischen den Bäumen und der Sandsturm prescht gegen die Barriere, beginnt sie zu zerreißen. Phitz dreht sich um und stürmt ebenfalls in den Sumpf hinein. So schnell seine Füße und seine Magie ihn tragen können, springt er mehr als er läuft und macht weite Sätze in einer unglaublichen Geschwindigkeit. Der Sandsturm rast längst schon in einer Schneise hinter ihm her, zerschmettert viele der alten stolzen Bäume wie Streichhölzer und schmirgelt Oberflächen glatt. Phitz bleibt vor dem Wind und erreicht sein Ziel. In einem winzigen Moment, der wie Minuten scheint, trifft ihn der Sand und frisst Kleidung und Haut bis aufs Fleisch. Mit blankem Rücken und noch in dunkle Flammen gehüllt, hält er den Sturm zurück und schafft eine Barriere, die das Herzfeuer des Sumpfes schützt. Er kann nur wenige Schrittlängen im Durchmesser bewahren, gerade genug, dass das riesige Feuer nicht erlischt. Doch die Wüste gibt nicht nach und stachelt den Sturm weiter an. All das Feuer, das durch Phitz fließt, baut diese eine Barriere auf und die Anstrengung verzerrt sein Gesicht. Er kniet auf dem Wasser und spürt, wie seine Kraft und die des Sumpfes sich dem Ende zuneigen. Als seine Konzentration schwindet, erhält er die Barriere, aber sein Stand wird unsicher und er beginnt im Wasser zu versinken. Nach und nach taucht er ein und bemerkt dennoch, dass der Sturm schwächer wird.
„Nur...noch...kurz“, schreit Phitz in den Sturm und verschwindet daraufhin unter der Wasseroberfläche.
Als er wieder wach wird, weicht das Wasser gerade noch aus der schlammigen Kuhle zurück, in der er liegt. Phitz muss husten und weiß, dass der Sumpf ihn vor dem Ertrinken bewahrt hat. Am Rand der flachen Grube lodert das dunkle Feuer und Trauer aber auch Dankbarkeit gehen von ihm aus. Phitz' Stimme erklingt schwach aber zufrieden:
„Ich helfe dir auch weiterhin. Das verspreche ich dir. Aber du könntest auch mir helfen. Denn ich habe keine Ahnung, wie ich das alles Bron erklären soll.“